Mit dem 11. November, dem »Martinstag«, kündigen
sich die bevorstehende dunkle Winterszeit und mit ihr erste Gedanken
an die Adventszeit und das Weihnachtsfest an. Den Namen gab ihm
der Heilige Martin, der um das Jahr 316 n. Chr. in dem von den Römern
besetzten Sabaria im heutigen Ungarn geboren wurde. Als Soldat im
römischen Legionsheer trat er zum Christentum über, und
er soll der Legende nach mit einem armen frierenden Bettler seinen
Umhang geteilt haben. Später wurde er Mönch und im Jahr
371 Bischof von Tours. Gestorben ist er am 8. November 397 in Candes
(In-dre-et-Loire).
Schon in alter Zeit begann am 11. November das 40 Tage dauernde
Weihnachtsfasten, an das der offizielle Beginn des Karnevals an
diesem Tage nur noch von Ferne erinnert. Auch endete an Martini
das bäuerliche Arbeitsjahr. Knechte und Mägde konnten
ihr altes Dienstverhältnis aufkündigen und sich auf einem
anderen Hof verdingen. Der Pachtzins war fällig, und man kaufte
auf den Märkten neues Vieh, denn der Ertrag aus dem Verkauf
der Ernte lag vor, und die neuen Saaten waren noch nicht gekauft.
Die mit fröhlichen Feiern verbundenen Schlachtfeste fanden
statt, und jedermann aß gut an diesem Tage, denn ein prall
gefüllter Bauch war ein gutes Omen für das Ergebnis des
nächsten Erntejahres. An den »Martinsschmaus« erinnern
noch die »Martinswek-ken«, aus Hefeteig geformte Männlein
mit Rosinenaugen, die häufig eine Tonpfeife im Arm tragen und
wohl auch die Martinsgans, die nach einem futterreichen Sommer den
traditionellen Opferbraten abgeben muß. Vielerlei Legenden
bringen Sankt Martin und die Martinsgans in Verbindung, ohne daß
auch nur eine Anspruch auf historische Glaubwürdigkeit erheben
könnte. So wären die Gänse sicherlich nicht böse,
wenn diese Sitte sich wieder im Dunkel ihrer Herkunft verlöre
und in schonende Vergessenheit geriete.
Zur Erinnerung an den mildtätigen großherzigen Reiter
als Symbol praktizierender Nächstenliebe und Barmherzigkeit
feiern die Kinder heute überall in Deutschland Sankt Martin
am Vorabend des Martinstages mit einem Fackelzug, der gelegentlich
von einem »Martinsfeuer« eingeleitet wird. Die Kinder
folgen dabei mit Lampions und selbstgebastelten Laternen, die auch
schon mit vorweihnachtlichen Symbolen geschmückt sein können,
Sankt Martin, der der Legende entsprechend hoch zu Roß in
der Gestalt eines römischen Legionssoldaten die bunte Schar
anführt.
Wenn der Lichterzug sich dann aufgelöst hat, beginnt vielerorts
der erste der uralten vorweihnachtlichen »Heische-Bräuche«,
indem die Kinder Martinslieder singend von Haus zu Haus gehen, um
mit Süßigkeiten belohnt weiterzuziehen. Die häufig
von den Schulen organisierten Martinszüge sind erst seit 1886
aus dem Rheinland kommend bekannt.
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Sankt Martin
ritt durch Schnee und Wind
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